Junge Start-Up-Unternehmer sind verliebt in ihr Geschäftsmodell, wie sie dann die Realität gnadenlos einholt und wie sie sich souverän behaupten. Das erfahren Sie hier.

An der Uni oder besser noch im Sandkasten kennen gelernt, haben sie sich. Früher sind die im Saft stehenden Buben ins Gelände, dort haben sie gegrölt und sich betrunken. Laut war es bis sich die Balken bogen.
Die Mädchen beschäftigten sich mit Nachhilfe geben, Handarbeiten, studierten Medizin. Denn sorgen und umsorgen liegt in der Natur der Weiblichkeit.

Jetzt schreien Sie: das ist ja gespickt mit Klischees. Recht haben Sie und ich auch, Ihre innere Rebellion ist angesprungen. Ich bin über Los und habe mein Ziel erreicht.

Weiter geht’s. Heute gründen genau diese ein Start-up, um ihre Abenteuerlust oder ihren Trieb zu umsorgen auszuleben. Auch ein Art, der Biologie zu begegnen.
So weit so gut. Jede Zeit hat ja bekanntlich ihre Schwerpunkte und eigene Regeln.

Zurück zum Schmusekurs und Haifischbecken.

Die Start-Up Unternehmer sind zunächst unheimlich in ihre geniale Idee verliebt. Hegen und pflegen sie wie Eltern ihr Baby umsorgen. Und das ist auch gut so. Ein herausragendes Attribut eines erfolgreichen Unternehmers ist, die Liebe und wirklich die uneingeschränkte Liebe zu seinem Geschäftsmodell. Die Zwei sind sozusagen wie siamesische Zwillinge. Und hier erfahren Sie die Stationen der Entwicklung.

Die Orientierungsphase (Pre-Seed) 1.-3. Monat:

Die Idee nimmt Gestalt an und ihr wird Leben eingehaucht. Es wird ausprobiert, ob sich die geliebte Idee am Markt bewähren kann. Der Spieltrieb wirkt. Immer noch sind die Sinne vernebelt. Gott sei Dank. Das hat auch ein Vorteil. Der unternehmerische Geistesblitz wird wie ein Baby mit sich herumgetragen und die Idee will geboren werden.

Die Planungsphase (Seed) 4. – 12. Monat:

Die starke innere Motivation, der Abenteuertrieb wirken noch voll. Alle Zellen schreien Juhu und ja, ich will.
Ein paar organisatorische Überlegung stören die Selbstverliebtheit, doch das muß sein: die Wahl der Rechtsform und des Standortes, die Wahl der Preispolitik und die die Wahl des ersten Finanzpartners. ACHTUNG: Das Geld im Auge behalten.

Die Gründungsphase (Startup) Ende des 1. Jahres:

Das Start-up –Unternehmen nimmt richtig Fahrt auf. Es wird gegründet. Immer noch sind die Start-Up Unternehmer im Rausch der Gefühle. Sie lernen ihrem Kleinkind das gehen. Der Welpenschutz wirkt noch.
Das Produkt ist nahezu fertig, die Vertriebswege sind in Augenschein genommen und oh Wunder, die ersten zahlenden Kunden melden sich an. Der Durchbruch scheint geschafft zu sein:
Falle: Der in sein Geschäftsmodell in tiefer Liebe verfallene Start-Up Unternehmer verwechselt seinen zufällig herbei geschlürften Kunden/Klienten mit Geschäftserfolg. Das kann fatale Folgen haben. Der verklärte Blick verschleiert die Wirklichkeit.
Wichtig sind hier auch den Fokus auf weniger verklärende unternehmerischen Aktivitäten zu richten: Gesellschaftsvertrag, Errichtungserklärung, Versicherungen, Kontoeröffnung bei der Hausbank, Einzahlung des Stammkapitals, Firmenbucheintragung, Gewerbeanmeldung, SVA-Anmeldung, Meldung beim Finanzamt. Diese lästigen Aktionen haben gar nichts mehr mit Abenteuerpark zu tun. Wenn der Jungunternehmer jetzt nicht aufpasst, so verfehlt er den Anschluss an die nächste Phase komplett.
Der Wechsel des Bewusstseinszustands vom Schmusen und Verliebtsein muß gelingen. Des Unternehmers Aufgabe ist jetzt, sich mit dem Haifischbecken und seinen Gesetzen vertraut zu machen.

Die Aufbauphase (1st Stage) 1.-3. Jahr:

Die ersten Erschöpfungszustände der Start-Up Unternehmer zeigen sich. Und ehrlich: auch die ersten Motivationslücken machen sich bemerkbar. Das alles war schon mächtig anstrengend. Das Start-Up tritt mutig und noch vom Idealismus getragen, wenngleich geschwächt, in die operative Geschäftstätigkeit ein. Das erste Geld fließt aufs Konto. Geschafft, denkt der Start-Up Unternehmer stolz.
Wenn sich die Start-Up Unternehmer nun auf den paar läppischen Lorbeeren ausruhen, merken sie nicht, dass sie sich schon im Haifischbecken befinden, sich verirren und gefressen werden. Wenn es ihnen also gelingt, aus der verklärten Selbstverliebtheit zu erwachen und in die Hände zu spucken und durch professionelle Abläufe und Strukturen, die die Veränderungen im Markt, im Kundenstock oder im Unternehmensumfeld laufend beobachten, dann sind sie auf einem guten Weg.
Der zeitliche Aufwand wächst stetig an. Der Jungunternehmer sieht sich noch spät abends vor seinen Unterlagen sitzen und denkt wehmütig an die Zeit des verliebten Träumens zurück. Er denkt daran, sich Hilfe zu holen und traut sich schließlich fehlende Kompetenzen einfach ins Startup-Team holen.
Achtung Falle: Die Mitarbeiterstruktur ändert sich. Der Start-Up Unternehmer wächst aus den Kinderschuhen in die Wanderstiefel eines Erwachsenen. Er wird zum Macher, zum Bestimmer zu dem, der den Hut auf hat.

Die Wachstumsphase (2nd Stage) 4.-6. Jahr:

Das Startup ist voll im Haifischbecken angekommen. Noch wendig und unscheinbar schwimmt es im tiefen Gewässer herum. Umgeben von lauter seltenen und gruselig aussehenden Fischen. Diese nehmen das kleine wendige Teil noch nicht ernst und auch von ihm keine Notiz.
Allerdings je aggressiver die Expansionsstrategie ist, desto gefährlicher wird das Leben des Start-Ups. Plötzlich wird es am Markt wahrgenommen. Sind nun seine Verhaltensstrategien immer noch auf Schmusekurs ausgerichtet, so ist es schneller vom Markt weggewischt, wie es gekommen ist. Jetzt muss es die Regeln der Haifische lernen.
Diese geänderten strategischen Ausrichtungen auf aggressivem Wachstum mit professionellem Management, führen oft dazu, dass das ehemalige Gründerteam das Start-Up verläßt, weil sie betriebswirtschaftlich nicht sattelfesten sind.
Themen wie Mitarbeiterführung und Akquisition stehen im Mittelpunkt des Denkens und Handelns.
Jetzt ist es auch überlebensnotwendig, das Geschäftsmodell neu zu überdenken. aus den Erfahrungen zu lernen. Das Geschäftsmodell anzupassen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Fragen wie: Wer kann mein Produkt/Dienstleistung noch gebrauchen? Welche Probleme meiner Kunden/Klienten löse ich noch nicht? Welche innovativen Wachstumschancen ergreife ich, um mich weiterhin am Markt zu positionieren.

Die Reifephase (3rd oder Later Stage) ab 6. Jahr:

Endlich am Ziel angekommen. Das Start-Up Unternehmen hat sich zu einem ernsthaften Mitglied auf dem Markt gemausert. Es hält nun Ausschau nach Zukunftsmärkten und betreibt nachhaltiges statt aggressives Wachstum.
Die Sturm-und Drangjahre sind vorbei so auch der Schmusekurs. Längst kennt sich das Unternehmen im Haifischbecken wie in seiner Westentasche aus, wird ernst genommen und schwimmt souverän. Der Wunsch nach mehr bedingt die Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten.
Auf, auf zu neuen Ufern heißt jetzt die Devise.

Egal in welcher Phase Sie sich als Start-up Unternehmer befinden, entscheiden Sie sich sehr, sehr früh, jedoch spätestens nach der Planungsphase (Seed) im 12. Monat: aus dem Schmusekurs aus zusteigen.

Sie fragen wieso denn das?
Es ist wichtig, bitte sehr wichtig, sich voll und ganz auf das unternehmerische Unterfangen mit klarem Blick auf die Realität einzulassen und alle Konsequenzen zu ziehen. Das Träumen überlassen Sie bitte Ihrem Unterbewusstsein in Ihren nächtlichen Träumen. Dort gehören sie hin.

Unternehmerisches Denken und Handeln hat mit analytischer Klarheit und abwägenden souveränen Entscheidungen zu tun. Das ist es.