Da spricht er ohne Umschweife. Er sagt er sei direkt. Er meint jedoch unverblümt und verletzend. Und ist sich dessen nicht mal bewußt.
Er läßt keine Gelegenheit aus, seinem Gesprächspartner zu sagen, was er für ein Versager ist. Brutal ist das schon.
Anscheinlich ein netter Kerl, der so gar keinen Kontakt und Respekt zu anderen hat. Die Worte der anderen scheinen ihn kalt zu lassen. Doch was bewegt diesen netten Kerl eigentlich dazu, wie eine Dampfwalze durch sein Leben und das der anderen zu walzen? Und das auch noch ungefragt.
Die Story
Valentin ist wortgewandt. Kein Thema scheint ihm unbekannt besonders das, das er selbst erlebt hat oder in seiner Phantasie gerade beim Erzählen so erlebt. Er spricht sich in Euphorie. Kommt von Hundertsten zum Tausendsten. Ein Wort ergibt das andere. So ist er eben und er verliert die Kontrolle über seine Worte. Fatale Auswirkungen für den Gesprächspartner. Mit den Menschen spielt er und zieht sie wie Schachfiguren über das Brett.
Seine Gesprächspartnerin Frau Dr. Gisela Schmidt ist ruhig und besonnen. Valentin schwätzt sich um Kopf und Kragen. Er liebt die Aufmerksamkeit. Das jedoch ist nicht der Grund für seinen Redefluß: Er kann Gesprächspausen nicht ertragen. Schweigen heißt für ihn schlechte Stimmung und Distanz zu Frau Dr. Schmidt. Daher erfüllt er jede entstehende Leere mit Worten. Meist unnützen Worten oder Geschichte, die er schon 100x erzählt hat.
In Rage und Schwung geht es los und die Nerven von Frau Dr. Schmidt stellt er auf eine Zerreißprobe. Frau Dr. Scmidt ist dem Heulen nahe, denn so sehr übertritt er die unsichtbaren Grenzen.
Frau Dr. Gisela Schmidt greift durch
Da Valentin sich nun um Kopf und Kragen redet, verliert er zusehends die Kontrolle über sein Gesagtes. Die Inhalte verlieren den Kontakt zum Thema und erholt aus. Wird verletzend und greift Frau Dr. Schmidt persönlich an. ‚Ihr Flyer ist der schlechteste, den ich seit 20 Jahren gesehen habe. Vollkommen verwirrend. Wer hat den bloß gemacht‘ , so wettert er durch die Gegend und ein Wort ergibt das andere. Kleinlaut sagt Frau Dr. Schmidt: ‚Den hat meine Nichte gemacht.‘ Und jetzt geht es so richtig los: Valentin entdeckt gekonnt die Homepage der Nichte. ‚Was, bei der würde ich nie einen Flyer bestellen‘.
Valentin weiß nicht, dass Frau Dr. Schmidt ihrer Nichte den Auftrag gegeben hat, weil sie unheilbar erkrankt ist. Damit sie etwas zu tun hat, was sinnvoll ist. Etwas, was sichtbar ist. Damit sie sich wohl fühlt und gebraucht fühlt in ihrem doch so eingeschränkten Leben.
Frau Dr. Schmidt distanziert sich und erinnert sich an ein NLP Seminar. ‚Denke immer: Wer sagt was! sagte der Trainer. Es ist immer die Absicht, auf die es ankommt, aus welchem Grund Dinge getan werden. Frau Dr. Schmidt weiß ganz genau, dass sie einen guten Dienst getan hat an sich und der Nichte. Ein Flyer lebt und er sagt etwas aus, egal welche Formen eingehalten werden oder auch nicht.
Frau Dr. Schmidt analysiert den Sachverhalt auf der logischen Ebene. Sie trennt den Spreu vom Weizen und entscheidet sich für ihre Wahrheit. Ganz egal, ob sie andern paßt oder nicht. Denn morgen steht jemand auf und sagt genau das Gegenteil von Valentin. Dann ist sie auf der sicheren Seite-nämlich auf ihrer. Und darauf kommt es an.